Was lange dauerte, hat nun ein Ende: Die Zeit der Stille ist zu Ende und ich schreibe wieder einmal. In der letzten Zeit hatte ich sehr viel Aufwand für mein Studium zu betreiben, so dass ich nicht noch zusätzliche Energie hatte, um mich mit den Themen meines Blogs zu beschäftigen. Die erste gute Nachricht ist die: ich habe mein Studium erfolgreich abgeschlossen! Die zweite gute Nachricht ergibt sich daraus: Ich habe wieder Energie und Zeit für einen Beitrag.
Dabei hat mich ein Thema schon eine längere Zeit beschäftigt. Wie ich in früheren Blogbeiträgen bereits habe durchblicken lassen, bin ich angehender Pastor in einer christlichen Kirche und glaube an die Existenz eines Gottes, dem ich mich auch persönlich anvertraut habe. Sonst würde ich in meinem Tätigkeitsfeld wohl irgendwie auch am falschen Platz sein. Die meisten meiner Leser kommen aus einem ähnlichen Hintergrund. Und dennoch bleibe ich dabei: Dieser Blog soll so geschrieben sein, dass auch Menschen die sich damit nicht explizit definieren, mit dem Inhalt etwas anfangen können.
Aber wie ist das dann mit Gott? Ist Gott bloß eine nette, private Größe in meinem Leben, die ich auf diesem Blog nur erwähne weil ich zu einem christlichen Publikum schreibe? Oder hat mein Glaube auch etwas mit meinen Inhalten zu einem besseren Zusammenleben zu tun als Gesellschaft zu tun?
Mit dieser Frage habe ich mich zuletzt beschäftigt und ich will versuchen eine Antwort zu geben.
Ich möchte mit einer Beobachtung des Problems beginnen, dass ich aus soziologischer Sicht bereits betrachtet habe. Wenn wir in die Welt hinausschauen sehen wir unzählige Konflikte: Verteilungskämpfe, die zwar nur selten mit Waffen ausgefochten werden, aber trotzdem unzählige Probleme verursachen. Wenn man in die politische Landschaft schaut, sieht man Konflikte in der Frage wie man die Probleme und Herausforderungen der heutigen Gesellschaft am Besten löst. Was ist die richtige Strategie? Dabei ist jede Partei Anwalt ihrer Anhänger und versucht Argumente dafür zu finden, warum deren Probleme die eigentlichen Probleme einer ganzen Gesellschaft sind.
Wenn wir nun einen Blick auf eine kleinere Struktureinheit menschlicher Beziehungen schauen, finden wir das Gleiche: Ehepartner, die sich an den unterschiedlichen Vorstellungen über die Gestaltung des Familienlebens auseinanderleben. Oder die Konflikte auf dem Arbeitsplatz, wo der Arbeitskollege versucht einen Teil der eigenen Arbeit, der ihm zu viel wird, auf einen abzuwälzen.
Sie alle speisen sich von einem gewissen Erwartungsrahmen den wir an unsere Umwelt stellen, damit wir unser Leben als gelungen wahrnehmen. Bis zu einer gewissen Grenze sind Kompromisse für uns unproblematisch, doch wenn unser Erwartungsrahmen gestört wird, dann ist der Ärger vorprogrammiert. Daraus entstehen Enttäuschungen, vermehrte Anstrengungen, die die oben genannten Konflikte noch befeuern und vielleicht am Ende eine verbitterte Persönlichkeit, die für diese Welt nur noch böse Worte übrig hat.
Nun jedoch die Frage: Welche Rolle spielt für mich Gott in diesem Themenfeld?
Ich möchte es in drei Sätzen formulieren:
Gott erlebe ich als den, bei dem ich so sein darf wie ich bin…kein Erwartungsdruck.
Bei Gott erlebe ich Fülle…er entspricht meinen Erwartungen und übertrifft sie sogar.
Bei Gott erlebe ich Freiheit, weil ich finde was ich suche ohne mühevoll und mit der Ungewissheit um Erfolg darum kämpfen muss.
Am deutlichsten ist das für mich in der Person Jesus sichtbar, der sowohl Gott als auch mich als Mensch repräsentiert.
Die Berichte über Jesus erzählen davon, dass er sein Leben ganz dem Dienst an den Menschen gewidmet hatte. Da war kein Erwartungsdruck von seiner Seite an die Menschen der mit Sanktionen oder reduzierter Zuneigung gepaart war. Jesus hat sich nicht auf einen Kampf mit seinen Mitmenschen eingelassen, um seine Ziele zu erreichen. Auf diese Weise repräsentiert er Gott.
Doch auch Jesus hat Zeiten des Rückzugs gebraucht, in denen er zu Gott gebetet hat. Dort hat er Kraft und Hoffnung bekommen für den Dienst an den Menschen. Auch Jesus hatte Zeiten in denen ihm dieser Lebensstil auf die Substanz ging und in denen er im Gebet an Gott, der Annahme, Fülle und Freiheit schenkt wieder Ausrichtung und Erneuerung bekam. In dieser Hinsicht repräsentierte Jesus uns Menschen.
Auch für mich ist das Gebet die Form geworden, um bei Gott das zu finden, was mir Menschen oft nicht geben können. Nur dadurch bin ich auf Dauer in der Lage nicht in diesen oft destruktiven Kampf mit Menschen zu treten, der dadurch entsteht, dass mein Erwartungsfeld nicht erfüllt wird.
Mehr noch: Es gibt mir Kraft wie Jesus Not in der Welt entgegen zu wirken. Mein Glaube führt nicht dazu, dass ich mich aus der Welt zurückziehe, sondern befähigt mich, ihr auf eine ganz neue Weise zu begegnen: Nicht als einer, der ständig etwas braucht und auf Suche ist, wer es ihm gibt, sondern als einer der selbst etwas zu geben hat: Sich selber! Das ist die Rolle die Gott für mich in der Frage spielt, wie wir gut zusammenleben können: Er gibt mir Annahme, Fülle und Freiheit, die ich so nirgends sonst finde, was mir dann mehr Geduld, Liebe und Mitgefühl gibt.
Wie ist es bei Dir? Spielt Gott in deinem Leben auch eine Rolle? Und wenn ja, welche? Dann schreibe es doch gerne hier unten in die Kommentarzeile oder wenn du nur mir schreiben möchtest, an sschmiedl@freenet.de.
Allen alles Gute
Euer Sascha